Dramatischer Anstieg von Arthrosen weltweit

595 Millionen Menschen haben im Jahr 2020 weltweit an Arthrosen, also oft schmerzhaften Abnützungserscheinungen von Knie-, Hüft- oder anderen Gelenken gelitten. Die Zahl der Betroffenen steigt dramatisch. Übergewicht dürfte der hauptsächliche beeinflussbare Risikofaktor sein, zeigt jetzt eine Studie, die in „Lancet Rheumatology“ erschienen ist.

red/Agenturen

Das internationale Studienteam hat im Rahmen der Veröffentlichungsreihe zu der Entwicklung, Verbreitung und Bedeutung verschiedener Erkrankungen für die Weltbevölkerung (Global Burden of Disease; GBD) die Informationen aus insgesamt 204 Staaten der Erde zum Thema Arthrosen analysiert und jetzt veröffentlicht. Für Menschen über 70 Jahre bedeutete demnach Gelenksabnützung bereits die siebent-häufigste Ursache für eine ständige Krankheitsbelastung.

„Weltweit litten 2020 rund 595 Millionen Menschen an Osteoarthrosen, das waren 7,6 Prozent der Weltbevölkerung und bedeutete einen Anstieg um 132,2 Prozent gegenüber 1990 (1990 hatte der Anteil der Betroffenen an der Bevölkerung noch 4,8 Prozent betragen; Anm.). Im Vergleich zu 2020 dürfte die Zahl der Fälle bis 2050 für die Kniegelenksarthrosen um 74,9 Prozent, für Erkrankungen der Fingergelenke um 48,6 Prozent, bei den Hüftgelenksarthrosen um 78,6 Prozent und für andere Formen der Erkrankung um 95,1 Prozent steigen“, stellte das Autorenteam unter Jamie Steinmetz (Institut für Gesundheitsstatistik in Seattle, US-Bundesstaat Washington) fest. Im Jahr 1990 seien auf 100.000 Personen noch 233 Lebensjahre durch Behinderung infolge von Arthrose-Erkrankungen „verloren“ worden, im Jahr 2020 waren es bereits 250 Jahre pro 100.000 (Jahre mit Behinderung; Years lived with disability; YLD).

Am häufigsten sind Kniegelenksarthrosen

Die Häufigkeit der Erkrankungen schwanken zwischen den Weltregionen. Altersstandardisiert litten daran in allen Weltregionen zumindest mehr als 5,5 Prozent der Menschen. Die Anzahl der Betroffenen ist stark von den Altersgruppen abhängig: Im Jahr 2020 hatten 14,8 Prozent der über 30-Jährigen weltweit eine Arthrose, unter den Arbeitnehmern zwischen 30 und 60 Jahren waren es 3,5 Prozent.

Am häufigsten sind demnach Kniegelenksarthrosen mit einem Anteil an allen Arthrose-Erkrankungsformen zwischen rund 32 Prozent in Zentralasien und rund 66 Prozent in Ostasien. „Hüftgelenksarthrosen trugen am wenigsten zur Häufigkeit dieser Erkrankungen bei (...)“, schrieben die Autoren der Studie (Häufigkeit zwischen 3,4 Ostasien und 9,5 Prozent in Nordamerika). Frauen sind insgesamt häufiger von Gelenksabnützung betroffen als Männer.

Übergewicht als hauptsächlicher beeinflussbarer Risikofaktor

Alter und Geschlecht sind unbeeinflussbar. Für die Zunahme der Erkrankungen mit einer hohen Krankheitslast vor allem wegen der zumeist chronischen Schmerzen gibt es offenbar nur einen vermeidbaren Risikofaktor: Übergewicht bzw. Adipositas. „Ein hoher Body-Mass-Index (BMI) war der einzige identifizierbare Risikofaktor mit einer Beteiligung (...) von 20,4 Prozent (an der Gesamtlast der Arthrosen; Anm.) im Jahr 2020“, heißt es in „Lancet Rheumatology“. Die grafischen Darstellungen zeigen besonders die USA, Großbritannien, Argentinien, Russland, Japan und Australien als die am meisten belasteten Länder. Mitteleuropa ist etwas weniger stark betroffen, am wenigsten afrikanische Staaten sowie Länder wie Indonesien oder Vietnam.

Laut den Daten dürften in Österreich knapp 700.000 Menschen eine Kniegelengsarthrose aufweisen. Die Häufigkeit entspricht in etwa jener in Westeuropa. An Hüftgelenksarthrosen sind etwa 125.000 Personen erkrankt. Auch hier liegt Österreich im westeuropäischen Durchschnitt.

Die Entwicklung mit einer weiteren zu erwartenden Zunahme dieser Erkrankungen stellt jedenfalls eine große Herausforderung dar. Die Studienautoren: „Der Bedarf an Versorgungsleistungen für die Patient:innen wegen Arthrosen inklusive des künstlichen Gelenksersatzes, der im Spätstadium von Knie- und Hüftarthrosen hoch wirksam ist, wird sich in allen Weltregionen erhöhen. Das könnte aber auch zu einer Zunahme des Ungleichgewichts in der Versorgung der Betroffenen führen, wenn sich das Staaten nicht mehr leisten können.“