Parkinson

Frühdiagnostik immer präziser

Biomarker, die möglichst früh und zuverlässig helfen, eine Parkinson-Diagnose zu stellen. Hier liegt die große Hoffnung der Forschung. Warum? Weil sie ein deutlich früheres Eingreifen erlaubt, im besten Fall noch vor dem Auftreten der Krankheit und den Schädigungen der substantia nigra im Gehirn. Diese Hoffnung scheint sich, wenn auch langsam, Schritt für Schritt zu erfüllen. Zudem verbessert das wachsende Angebot an Therapiemöglichkeiten das Behandlungsspektrum und damit die Lebensqualität.

Eva Kaiserseder

Alpha-Synuklein: Dieses Protein scheint der Dreh- und Angelpunkt beim Nachweis und möglicherweise auch in der Pathogenese von Parkinson zu sein. Zudem ist Zeit ein wesentlicher Faktor für den Krankheitsverlauf. Konkreter gesagt, eine möglichst frühe Diagnosestellung. Die Krux bei der bisherigen Diagnosefindung: Eine Parkinson-Diagnose kommt meist zu spät. Beim Auftreten kardinaler Symptome wie Muskelsteifigkeit oder Ruhezittern ist das Gehirn bereits geschädigt.

Die neurodegenerative Erkrankung kommt weltweit so häufig vor, dass Mediziner:inner und Forscher:innen vielfach von einer „Parkinson-Pandemie“ sprechen. Alleine österreichweit gibt es derzeit rund 25.000 Betroffene. Global leben rund 10 Millionen Menschen mit Parkinson.

Als Konsequenz liegt ein Augenmerk der Forschung seit Längerem auf einer verbesserten Frühdiagnostik noch lange vor Ausbruch der Krankheit. Dabei ist die Entwicklung von Blut- und Gewebemarkern hochinteressant, so die Österreichische Parkinsongesellschaft: Bisherige Versuche, besagtes Alpha-Synuklein in Blut, Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) und Geweben wie der Nasenschleimhaut zu messen, waren nur mäßig erfolgreich, da die Trennschärfe zwischen betroffenen und gesunden Personen nicht ausreichend hoch war. Durch neue Analysemethoden (protein misfolding cyclic amplification, PMCA und RT-Quick) soll dieser Umstand deutlich verbessert werden: Pathologisch verklumptes Alpha-Synuklein wäre damit mit extrem hoher Empfindlichkeit nachweisbar.

„Potenzielle Biomarker“ Hautbiopsie

Eine weitere Option ist die Ausweitung von Biomarkern etwa durch Hautbiopsien. Das Fazit einer Arbeit in „InFo Neurologie+Psychatrie“ von Wang Z, Becker K, Donadio V et al. aus 2021 bestätigte, dass „der Nachweis von Seeding-Aktivität von α-Synukleinaggregaten aus Hautbiopsien ein potenzieller Biomarker für die Parkinson-Krankheit sein könnte“.

Zu eben dieser Frühdiagnostik wurde kürzlich eine Studie im „Lancet neurology“ veröffentlicht. Hinter diesem Forschungsergebnis steht die Michael J. Fox-Foundation als treibende Kraft. Der ehemalige Schauspieler bekam seine Parkinson-Diagnose sehr früh, mit 29 Jahren. Er gründete daraufhin seine Stiftung für die Parkinson-Forschung und nutzte seine Prominenz, um dem Thema mehr Gehör zu verschaffen. Das Fazit der aktuellen Studie mit 1.123 Teilnehmer:innen: Es gib zunehmend Hinweise darauf, dass so genannte α-Synuclein-Seed-Amplifikationstests (SAA) das Potenzial haben, Menschen zuverlässig mit Parkinson-Krankheit von gesunden Kontrollpersonen zu unterscheiden.

Gleichzeitig sind neben diesen Methoden nuklearmedizinische Methoden (Positronenemissionstomografie) in Entwicklung. Damit kann pathologisches Alpha-Synuklein im Gehirn von Patient:innen dargestellt werden. Zudem sind Impfstoffe gegen Alpha-Synuklein in Entwicklung (aktive Immunisierung) sowie Antikörpertherapien (passive Immunisierung), so die ÖPG. Studien dazu würden derzeit auch an österreichischen Zentren laufen.

Neuer COMT-Hemmer in Österreich verfügbar

Auf medikamentöser Ebene führt der bewährte Dopaminersatz meist zu einer oft erheblichen Besserung der Beweglichkeit und auch des Zitterns. „Unter den neurodegenerativen Krankheiten ist Parkinson die bei Weitem am besten behandelbar, weil der vielen Symptomen zugrundeliegende Mangel am Neurotransmitter Dopamin durch medikamentöse Zufuhr zum Großteil ersetzt werden kann“, erklärt Regina Katzenschlager, Vizepräsidentin der ÖPG und Vorstand der Abteilung für Neurologie, Klinik Donaustadt, Wien. Substanzen, die hier – nach individueller Einstellung – eingesetzt werden, sind unter anderem Levodopa, Dopaminagonisten, Monoaminooxidase (MAO-B)-Hemmer und Amantadin.

„Die wissenschaftliche Evidenz wird immer eindeutiger, dass der Einsatz von Levodopa nicht hinausgezögert werden soll, wenn es benötigt wird, und dass Dopaminagonisten nur mit Vorsicht und nach genauer Aufklärung über Impulskontrollstörungen verschrieben werden sollen. Neu ist der Hinweis einer großen Studie darauf, dass Amantadin das Auftreten von Dyskinesien verzögern könnte“, erklärt Katzenschlager. „Amantadin ist die einzige orale Substanz, die direkt Überbewegungen vermindern kann. Neu ist der Nachweis, dass es auch Wirkschwankungen verbessert.“

Neben Entacapon ist mit Opicapon jetzt ein länger wirksamer COMT-Hemmer in der EU zugelassen und seit Kurzem auch in Österreich verfügbar, so die Neurologin. Opicapon ist nur einmal täglich einzunehmen und weist sehr gute Verträglichkeitsdaten auf.

Amantandin: Potential beim verzögerten Auftreten von Dyskinesien

Dopaminagonisten hingegen können bei jungen Betroffenen sinnvoll sein, haben jedoch eine hohe Rate an Nebenwirkungen wie etwa Müdigkeit, vor allem aber Impulskontrollstörungen wie impulsives Essen und Geldausgeben, Hypersexualität und Spielsucht.

Die unregelmäßige Rezeptorstimulation durch kurz wirksame Substanzen wie Levodopa trägt zudem – neben dem Nervenzellverlust an sich – zur Entstehung motorischer Komplikationen bei: Damit gemeint sind Wirkschwankungen, also kürzeres Ansprechen auf Einzeldosen („Off“-Phasen), und Überbewegungen (Dyskinesien) während der besten Medikamentenwirkung („On“). Off-Zustände gehen oft mit nicht-motorischen Symptomen wie Angst, Schmerzen und langsamem Denken einher, weist die ÖGP auf mögliche Problematiken hin. Die Therapie zielt daher auf möglichst gleichmäßige Dopaminspiegel ab.

Mehrere neue, schnell wirkende Substanzen sind in letzter Zeit entwickelt worden, um bei Bedarf rasch Off-Zustände zu beenden: In Österreich noch nicht verschreibbar sind inhalierbares Levodopa und sublinguales Apomorphin. Apomorphin ist ein Dopaminagonist und als einzige andere Substanz gleich stark wirksam wie Levodopa. Es wird mittels Injektion (Pen) ins Unterhautgewebe verabreicht, was Off-Zustände nach durchschnittlich sieben bis acht Minuten beenden kann, somit schneller als alle anderen Medikamente.

ÖGP

Lancet neurology

InFo Neurologie+Psychiatrie

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Alpha-Synuklein: Das Protein lagert sich bei Parkinson-Patient:innen in bestimmten Zellen des Zentralnervensytems ab.
Science Photo Library / picturedesk.com
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