Mutmaßlicher Mafia-Pate als Drogenhändler vor Wiener Schwurgericht

Ein mutmaßlicher Mafia-Pate, der im vergangenen Dezember am Wiener Landesgericht für Strafsachen wegen schweren Raubes nicht rechtskräftig zu elf Jahren Haft verurteilt wurde, bekommt im Grauen Haus einen weiteren Prozess. Wie der „Kurier“ (Mittwoch-Ausgabe) berichtete, wird Dario D. (34), der - wohl angelehnt an einen TV-Serien-Mörder - „Dexter“ genannt wird - Drogen-Handel im großen Stil vorgeworfen. Verfahrensgegenständlich sind 500 Kilogramm Heroin und Kokain.

red/Agenturen

Wie Gerichtssprecher Christoph Zonsics-Kral auf APA-Anfrage mitteilte, startet der Prozess am 20. September und ist vorerst auf sechs Tage anberaumt. Das Urteil wird frühestens am 12. Oktober fallen. Da eine übergroße Suchtgift-Menge inkriminiert ist, fällt die Strafsache in die Zuständigkeit eines Geschworenengerichts.

Die Hauptverhandlung wird mit Sicherheit erneut unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen stattfinden - wie bereits der letztjährige erste Prozess im Grauen Haus, als Spezialkräfte der Justizwache und der Verfassungsschutz präsent waren, als der 34-Jährige abgeurteilt wurde. Diesem Urteil zufolge soll er als führendes Mitglied einer serbisch-montenegrinischen Mafia-Bande am 28. Dezember 2019 mit sechs anderen Banden-Mitgliedern in einer Garage in der Bundeshauptstadt einer anderen Täter-Gruppe mit Gewalt 13 Kilogramm Kokain und 106.000 Euro abgenommen haben.

„Dexter“ soll zum Schein vorgegeben, in Wien einer anderen Täter-Gruppe Kokain abkaufen zu wollen. Dafür wurde eigens eine Lagerhalle angemietet. Als zwei Männer der anderen Gruppe am Übergabeort erschienen, warteten laut nicht rechtskräftigem Urteil der 34-Jährige und seine Mittäter bereits hinter aufgestellten Matratzen auf sie und schlugen sie dann mit roher Gewalt zu Boden und traten mit Füßen auf sie ein. Einem der beiden wurde auch ein Messer in den Rücken gestochen, der Mann wurde dabei schwerstverletzt.

Chats mit Hilfe des FBI entschlüsselt

„Ich war nicht Teil dessen, was in der Anklage steht“, hatte der mutmaßliche Mafia-Boss beim Prozessauftakt Anfang November erklärt, dessen Gruppierung laut Bundeskriminalamt in ganz Europa für Suchtgifthandel in großem Stil und brutale Delikte gegen Leib und Leben berüchtigt sein soll. Abgesehen davon äußerte er sich nicht und machte von seinem Schweigerecht Gebrauch. Laut „Kurier“ wird er das auch im bevorstehenden Drogen-Prozess beibehalten.

Der 34-Jährige hat in Serbien bereits wegen Mordes eine elfjährige Freiheitsstrafe verbüßt. In Wien kam man dem Angeklagten und seiner Gruppierung auf die Spur, weil diese über den vermeintlich abhörsicheren Krypto-Messenger Dienst Sky ECC kommuniziert hatten. Die Chats liefen über einen Server in Frankreich, der in einer Länder übergreifenden Kooperation von Polizeibehörden in Belgien, den Niederlanden und Frankreich geknackt werden konnte.

In weiterer Folge wurden die Chats mit Hilfe des FBI entschlüsselt, was Ermittlungen gegen Kriminelle in zahlreichen europäischen Ländern zur Folge hatte - sie alle hatten sich Krypto-Messenger-Dienste bedient, um ihre Machenschaften abzuwickeln. Die Chats, die den 34-jährigen und seine Gruppierung betrafen, wurden über Europol den österreichischen Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung gestellt.

Den Erkenntnissen des Bundeskriminalamts zur Folge umfasste die kriminelle Organisation allein in Wien 200 Personen. Für mehrere 100 Kilogramm Suchtgift soll sie in der Bundeshauptstadt Abnehmer gefunden haben. Im Februar 2020 rückte „Dexter“ an die Spitze des Wiener Ablegers der kriminellen Organisation vor. Weil er davon ausging, dass er in einem abhörsicheren, unentschlüsselbaren Chat kommunizierte, dürften er und seine Banden-Mitglieder freier und offener als in herkömmlichen Chats gesprochen haben. Die begangenen Straftaten wurden auch regelmäßig mit Fotos dokumentiert, die Bilder in Gruppenchats gestellt.

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